HISTORISCHE GÄRTEN UND PARKS LEIDEN UNTER KLIMAWANDEL
Die historischen Gärten und Parks in Baden-Württemberg leiden unter den Folgen des Klimawandels: Anhaltende Hitze und wenig Niederschlag führen zu starker Trockenheit und sinkenden Wasserständen. Bei Starkwetterereignissen nach langen Trockenperioden können Böden das Wasser nicht aufnehmen. Vegetationsperioden verschieben sich, wodurch Bäume und Pflanzen durch Kälte und Frost geschädigt werden. All dies setzt Bäume und Pflanzen unter Stress und macht diese anfälliger für Schädlinge. „Der Klimawandel stellt uns vor große Herausforderungen“, sagt Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten. „Es gibt bereits heute keinen Park oder Garten mehr im Land, der keine Schäden hat.“ Besonders stark betroffen seien alte Bäume, die für den Denkmalwert der historischen Gärten von besonderer Bedeutung sind. Auf der Suche nach innovativen Maßnahmen für die Parks und Gärten des Landes arbeiten die Staatlichen Schlösser und Gärten eng mit führenden Institutionen und anderen großen Gartendirektionen zusammen. „Um die Gärten und Parks für künftige Generationen zu bewahren, steuern wir bereits seit einigen Jahren mit einer Reihe von Maßnahmen gegen – ansonsten würden die Kulturdenkmale, so, wie wir sie heute kennen, verloren gehen,“ sagt Michael Hörrmann.
BÄUME WERFEN GESUNDE ÄSTE AB, VITALITÄT DER BÄUME LEIDET
Die Folgen der aktuellen Sommerhitze und Trockenheit sind in vielen Gärten und Parks sichtbar: Viele Rasenflächen haben sich gelb verfärbt und sind verdorrt. Zudem drohen in Gärten und Parks vermehrt sogenannte Grünastbrüche, das heißt: Bäume werfen gesunde und belaubte Äste plötzlich ab, auch bei Windstille. Darüber hinaus weisen viele Bäume sogenannte Trockenschäden auf. Ebenso nimmt die Entwicklung von Totholz, also einzelnen abgestorbenen Ästen oder ganzen Bäumen, zu. „Die Vitalität der Bäume insgesamt lässt nach“, stellt Dr. Meike Kirscht, die Gartenkonservatorin bei den Staatlichen Schlössern und Gärten, fest. Dies würden auch sogenannte Notfruchten verstärken. „Das bedeutet, dass ein Baum in einem Jahr außergewöhnlich viel Saatgut produziert, wodurch dieser noch weiter geschwächt wird.“
BÖDEN LEIDEN UNTER HITZE, GEWÄSSER DROHEN ZU „KIPPEN“
Auch die Böden leiden unter dem Klimawandel – ein Indiz dafür sind Bodenrisse. Zudem breiten sich Baumarten wie der Götterbaum, die mit Trockenheit umgehen können, schneller aus. Dagegen weichen alte, historische Bäume immer weiter zurück, etwa die Linde, der Spitzahorn oder die Buche. Eine weitere Folge des Klimawandels: Weniger Niederschlag führt dazu, dass die Wasserversorgung schwieriger wird. „Dadurch nimmt die Algenproduktion in langsam fließenden und stehenden Gewässern zu“, erläutert Dr. Meike Kirscht. Die Folge: Die Gefahr, dass ein Gewässer „kippt“, steigt.
ALTE BAUMBESTÄNDE IM FOKUS
Ein Fokus der Maßnahmen gegen die Folgen des Klimawandels liegt auf den alten Baumbeständen in den Parks und Gärten des Landes. Zum einen werden Bäume nachgezogen, die an die gegenwärtigen, lokalen klimatischen Bedingungen angepasst und resistent gegen Hitze und Trockenheit sind. Als weiterer Baustein haben die Staatlichen Schlösser und Gärten die historische Baumschule des Schlossgarten Schwetzingens reaktiviert. „Hier experimentieren Fachleute zum Beispiel mit Baumarten, die in extrem trockenen Gebieten bereits zurechtkommen“, erklärt Dr. Meike Kirscht. „Außerdem gibt es Versuche, bei Nachpflanzungen ein tiefreichendes Wurzelsystem zu erreichen.“ Eichen, Rostkastanien und Kirschen beispielsweise bilden schon als Sämlinge eine Pfahlwurzel aus, die metertief in den Boden reichen kann. Auch bei anderen Baumarten kann dieses tiefreichende Wurzelsystem in der Anzucht erzielt werden. Ein weiteres Stichwort ist die Naturverjüngung, bei dieser Methode keimen die Sämlinge von selbst. Die Schlossgärtnerinnen und Schlossgärtner halten Ausschau nach diesen von selbst aufgegangenen Sämlingen. Ist der Standort optimal, verbleibt der junge Baum dort. Ansonsten wird er vorsichtig entnommen und an einer anderen, besseren Stelle wieder eingepflanzt. So hat man für die Kastanienallee im Schlossgarten Schwetzingen klimaresistente Kastanien aus eigenen Sämlingen nachgepflanzt.
BESSERE BODENQUALITÄT IN GÄRTEN UND PARKS
Ein weiteres Ziel ist es, die Bodenqualität in den Gärten und Parks zu verbessern: Die Böden sollen nicht nur mit weniger Wasser zurechtkommen, sondern auch Nährstoffe und Wasser besser speichern können. So gibt es gezielte Düngungen und zum Mulchen wird möglichst eigener Kompost verwendet. Außerdem kommen verstärkt Schwarzerde, Wurmhumus und Pflanzenkohle zum Einsatz, die besonders fruchtbar sind. Und auch hier stehen die Altbäumen im Fokus: „Um die Standorte von Altbäumen in den Schlossgärten Schwetzingen und Favorite Rastatt zu verbessern, haben wir rund 70 bis 90 Zentimeter tiefe Bohrlöcher mit fruchtbarer Schwarzerde aufgefüllt“, erläutert Dr. Meike Kirscht. „In Schwetzingen haben wir diese zudem mit sogenanntem Komposttee angegossen, der bei 20 Grad Celsius 12 Stunden lang durchlüftet wurde.“
INNOVATIVE BEWÄSSERUNG
Infolge des Klimawandels müssen die Gärten und Parks in den Sommermonaten mehr als bisher bewässert werden. Um Ressourcen zu sparen, optimieren und erneuern die Staatlichen Schlösser und Gärten nach und nach ihre Bewässerungssysteme. So werden etwa Bäume im Schlossgarten Favorite Rastatt gezielt mit Sprengern und Feuerwehrschläuchen bewässert. Gleich an mehreren Standorten – Maulbronn, Schwetzingen und Weikersheim – kommt die sogenannte Tröpfchenbewässerung zum Einsatz. „Bei dieser Technik sind in Schläuchen kleine Löcher angebracht, über die nur geringe, gut dosierbare Wassermengen abgegeben werden“, erläutert Dr. Meike Kirscht. „Das ist effektiver als eine händische Bewässerung.“ In Bruchsal haben einzelne alte Bäume sogenannte Baumtankstellen bekommen, also 1.000-Liter-Tanks, an die Tropfschläuche angeschlossen sind und die den Wurzelbereich direkt bewässern. Auch soll künftig verstärkt Regenwasser für die Bewässerung zum Einsatz kommen. Zudem werden Grünflächen umgestellt: Aus Rasenflächen, die viel bewässert werden müssen, werden bunte, bienenfreundliche Blühwiesen, die weniger oder keine Bewässerung brauchen.
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