EIN KLEINER FUND BEGEISTERT
Ein emaillierter Goldring rief im 19. Jahrhundert große Begeisterung hervor. Im Königreich Württemberg herrschte damals ein reges Interesse an den Staufern, die im Mittelalter deutsche Könige und Kaiser hervorgebracht hatten. Es verwundert nicht, dass 1830 in der Klosterkirche Lorch Grabungen durchgeführt wurden: Herzog Friedrich von Schwaben und seine Frau Agnes von Waiblingen hatten das Kloster um 1100 gegründet. Über Jahrzehnte diente es der Familie als Grablege. Der im Bereich der Sakristei gefundene Goldring mit farbigem Email und dem Christusmonogramm IHS sowie einer Mariendarstellung wurde fälschlicherweise Irene von Byzanz, der Ehefrau des Stauferkönigs Philipp von Schwaben, zugeschrieben. Dieser „Irenenring“ war dabei so exotisch wie die byzantinische Prinzessin, die ihn getragen haben soll. Schon kurz nach dem Fund verbreiteten sich Nachbildungen des Rings; sie wurden als Eheringe beliebt und erfreuen sich bis heute einer besonderen Wertschatzung.
EINE BYZANTINISCHE PRINZESSIN ALS SPIELBALL DER MACHT
Irene von Byzanz wurde um 1180 als Tochter des byzantinischen Kaisers Isaak II. Angelos in Konstantinopel geboren. Sie heiratete 1193 aus politischen Gründen König Roger III. von Sizilien. Der Stauferkönig Heinrich VI. streckte zu diesem Zeitpunkt als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches seine Hand nach dem Königreich Sizilien aus. Der Zufall sollte ihm seinen Wunsch erfüllen: Bereits im Dezember 1193 starb Roger III. im Alter von 18 Jahren, zwei Monate später dessen Vater König Tankred. 1197 wurde Irene wiederum aus politischem Kalkül mit Philipp von Schwaben, den Bruder Heinrichs VI., verheiratet. Die Hochzeit sollte die angespannten Beziehungen zu Byzanz verbessern, sogar die Hoffnung auf den Thron in Byzanz war unterschwellig vorhanden.
„ROSE OHNE DORNEN“
Bei ihrer Hochzeit nahm Irene von Byzanz den Beinamen Maria an. Aus ihrer Ehe mit König Philipp von Schwaben gingen sieben Kinder hervor, von denen vier Töchter das Erwachsenenalter erreichten. Über ihr Leben haben sich nur wenige Überlieferungen erhalten. Der berühmte Minnesänger Walther von der Vogelweide, ein „Star“ seiner Zeit, war von dem Wesen und der exotischen Erscheinung der byzantinischen Prinzessin beeindruckt. In seinem Gedicht „Magdeburger Weihnacht“ beschreibt er Irene als „hochgeborene Königin, Rose ohne Dorne, eine Taube ohne Galle“. Irene von Byzanz, die „griechische Maria“, wie sie auch genannt wurde, dürfte auf diesem Hoftag zu Magdeburg 1199 nicht nur Walther von der Vogelweide in ihren Bann gezogen haben.
EIN MORD, DER IRENES LEBEN ZERSTÖRT
Am 21. Juni 1208 wurde König Philipp von Schwaben in Bamberg in seinem Schlafzimmer von dem bayrischen Pfalzgrafen Otto VIII. von Wittelsbach erstochen – er hatte damit seinen Konkurrenten beseitigt, denn auch Otto erhob Anspruch auf den Königsthron. Die Marbacher Annalen schildern das Leid Irenes: „Die Königin aber wurde auf die Burg Staufen gebracht, nachdem sie von seinem Tod gehört hatte und fühlte, dass sie den einzigen Trost verlor, den sie in ihm hatte, da sie eine Fremde war; und da sie überdies schwanger war, häuften sich Schmerzen über Schmerzen.“ Hier auf der Stammburg Hohenstaufen erlitt sie eine Frühgeburt. Sie und ihr Kind starben am 27. August 1208 und wurden im Kloster Lorch beigesetzt.
IRENE VON BYZANZ – UNVERGESSEN
Der Fund des „Irenenrings“ 1830 beflügelte das Interesse an der byzantinischen Prinzessin im Stauferland. Anstatt des nicht mehr erhaltenen Grabes erinnert seit 1898 eine Gedenktafel im südlichen Querschiff der Klosterkirche an sie. Zu ihrem 800. Todestag wurde am Eingang des Klosters ebenfalls zu ihrem Gedenken eine Stauferstele aufgestellt. Am Haupteingang der Anlage, vor der Abtei, weist die Figurengruppe „Irene von Byzanz mit Kindern“ des Künstlers Nikolaus Giljum aus Uhingen auf die verehrte Königin hin.
THEMENJAHR „EXOTIK – FASZINATION UND FANTASIE“
Mit dem Themenjahr „Exotik – Faszination und Fantasie“ erkunden die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg in diesem Jahr die Wege von duftenden Gewürzen, kostbar gearbeitetem Kunsthandwerk und außergewöhnlichen Pflanzen nach Europa. Die Sucht und Sehnsucht nach Exotik bereicherte die höfische Inszenierung um viele Glanzpunkte. Auch die Kehrseite der Medaille wird beleuchtet: Die europäische Neugier und Besitzgier, der Wissens- und Expansionsdrang führten überall auf der Welt zu Gewalt und Ausbeutung von Mensch und Natur. Kloster Lorch ist eines von 15 Monumenten des Landes, in dem die Gäste die Spuren fremder Kulturen und ferner Kontinente erkunden können. Hier stehen die Staufer im Mittelpunkt. Sie begannen ihre weltpolitische Karriere in Schwaben. Im fernen Süditalien wurden sie zu Kosmopoliten mit einer Hofkultur, die Einflüsse aus Orient und Okzident verband. Bei der Sonderführung „Eine deutsche Königin aus dem oströmischen Reich“ am 12. September um 11 Uhr erfährt man Details aus der bewegenden Leben der Irene aus Byzanz. Eine telefonische Anmeldung unter der Nummer 071 72. 92 84 97 ist erforderlich.
SERVICE
ÖFFNUNGSZEITEN
Kloster Lorch
Mi‒So, 11:00‒18:00 Uhr
Für Gruppen und Schulklassen ist nach Absprache eine Sonderöffnung jederzeit möglich.
EINTRITT
Erwachsene 6,00 €, ermäßigt 3,00 €, Familien 15,00 €
FÜHRUNGEN
Klosterführungen
bis Sonntag, 12. September 2021 immer sonntags, jeweils 13:30 Uhr
Erwachsene 3,00 € (zuzüglich Eintritt) / Ermäßigte 1,50 € (zuzüglich Eintritt)
Sonderführung
Eine deutsche Königin aus dem oströmischen Reich. Irene von Byzanz und die Staufer
Referent: Lorcher Gästeführer
Termine: Sonntag, 12. September 2021 | 11:00 Uhr
Sonntag, 10. Oktober 2021 | 11:00 Uhr
PREIS
Pro Person 5,00 € zzgl. Eintritt
Information und Anmeldung (erforderlich)
Besucherinfo Kloster Lorch
Telefon +49(0)71 72. 92 84 97
info@kloster-lorch.com
Für die Führungen gilt die Einhaltung der folgenden Vorgaben:
- Der Besuch der Führung ist nur nach einer verpflichtenden Voranmeldung unter der angegebenen Telefonnummer möglich.
- Nach der Corona-Verordnung der Landesregierung von Baden-Württemberg gilt für den Besuch der 3G-Nachweis, das heißt die Vorlage eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises. Ausgenommen sind Kinder bis 6 Jahren sowie Schülerinnen und Schüler (ab dem 16. Lebensjahr muss ein Schülerausweis vorgelegt werden)
- Nach der Corona-Verordnung der Landesregierung von Baden-Württemberg sind wir verpflichtet, die Kontaktdaten wie Name und Vorname, Adresse, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse sowie Datum des Besuchs, Uhrzeit (von – bis), Startzeitpunkt der Führung abzufragen. Die Erhebung soll einer möglichst schnellen Nachverfolgbarkeit der Infektionsketten mit dem Virus dienen. Diese Daten werden 4 Wochen lang gespeichert.
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- Die Teilnehmerzahl wird auf eine bestimme Maximalanzahl beschränkt.
- Der Mindestabstand zwischen jedem Beteiligten von 1,5 Metern, wenn möglich sogar 2 Metern, kann während der ganzen Führung garantiert werden.
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- Türklinken werden nur vom Führungspersonal betätigt.
WEITERE INFORMATIONEN
Kloster Lorch. Touristikbüro und Stauferfalknerei
Klosterstraße 2
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